Zu den breit akzeptierten Topoi soziolinguistischer Forschung zur sprachlichen Ost-West-Problematik gehört einerseits der Mythos nicht kleiner werdender Differenzen, der bis hin zum Bild der sprachlichen Mauer reicht, und andererseits die griffige Formel 'auch sprachlich beigetreten' für das, was im Ostteil der Republik passiert. Die im folgenden dargestellten Ergebnisse einer Längsschnittstudie zu Spracheinstellungen und Sprachverhalten in Berlin widersprechen diesen Annahmen und bestätigen stattdessen die Herangehensweise der sozialpsychologischen Transformationsforschung, nicht grundlegende Ost-West-Unterschiede zu statuieren, sondern eher die Gemeinsamkeiten von Ost- und Westdeutschen bzw. die gemeinsame Basis für nach 1989/90 einsetzende, zunehmend divergente Entwicklungen in Mentalitätsstrukturen und Einstellungsmustern in Ost und West zu akzentuieren (z.B. Bauer 1991, Braun 1993, Piontkowski et al. 1997, Meulemann 1998a). Piontkowski et al. haben gezeigt, dass sich zwar hoch signifikante Unterschiede zwischen West- und Ostdeutschen in ihrem kommunikativen Verhalten nachweisen lassen, dass deren Annäherungs- und Abgrenzungsverhalten aber nicht 'ost'- bzw. 'west'spezifisch festzumachen ist, sondern dieselben Wirkungsmechanismen zeigt wie jede andere hoch akzessible soziale Kategorie.
Die ostwestunterschiedene Spezifik der Identitätsfindungsprozesse im Deutschland der 90er Jahre ist folglich eher soziostrukturellen Positionsmerkmalen geschuldet denn Ost-West-Mentalitätsdifferenzen: Der westliche Teil kontinuiert recht ungebrochen die diesbezügliche bundesdeutsche Tradition, während sich der Ostteil genötigt sieht, eine spezifisch ostdeutsche Identität als Akt der Selbstbehauptung gegenüber dem Westen überhaupt erst auszubilden (cf. Pollack 1998). Sensible Indikatoren für Identifikationsmuster und Identitätszuweisungen sind Spracheinstellungen als wesentlicher Teilbereich von Einstellungen überhaupt, denn soziale Gruppen definieren sich mehr oder weniger, in jedem Falle aber nicht unwesentlich über ihre Sprache, d.h. über ihren Sprachgebrauch als Teil ihres gemeinsamen sozialen Handelns mit abgrenzender und identifikatorischer Funktion. Das impliziert gleichzeitig, dass Angehörige anderer sozialer Gruppen danach bewertet werden, wie sie sich sprachlich präsentieren. Spracheinstellungen dienen folglich der sozialen Orientierung und spiegeln letztlich Haltungen gegenüber Sprechern und deren kulturellen Werten wider. Soziale Konnotationen gegenüber Sprechern werden auf deren Sprache projiziert.
In den standardorientierten bürgerlichen Gesellschaften ist es in der Regel so, dass von Sprechern von der Mittelschicht an aufwärts erwartet wird, dass sie aus dem Spektrum von standardnahen vs. standardfernen Varietäten eine mindestens sehr standardnahe Varietät auswählen. Das hat letztlich dazu geführt, dass die Nonstandardvarietäten per se als weniger prestigeträchtig betrachtet werden und es damit auch definitiv sind. Konterkariert werden kann diese Tatsache jedoch in spezifischen sozialen Situationen, in denen eine andere Werteskala die allgemein bildungsgeprägte und damit standardorientierte dominiert, wenn z. B. das Bekunden von Solidarität, Integrität, Wohlwollen o. ä. die eigentlichen Sozialziele des Diskurses sind (cf. Ros 1984). Spracheinstellungen und -bewertungen unterliegen folglich der kontextuellen Variation, die in jedem Falle extralinguistisch und damit sozial determiniert ist - was impliziert, dass die Einstellung einer Varietät gegenüber und der Gebrauch einer Varietät zwar ineinander verschränkt sind, ohne jedoch unmittelbar aufeinander abbildbar zu sein.
Die Auswertung einer von Dittmar, Schlobinski & Wachs (1986) 1982 in Westberlin durchgeführten Fragebogenerhebung hatte ergeben, dass die Berliner Sprachgemeinschaft in zwei signifikant unterschiedliche Kommunikationsgemeinschaften zerfällt, zu deren Beschreibung das 'Prestigemodell' für den westlichen Teil und das 'Solidaritätsmodell' für den östlichen Teil entwickelt wurden (cf. Schlobinski 1987; Dittmar/Schlobinski 1988). Im Westteil der Stadt war der Gebrauch des Berlinischen deutlich negativ markiert und signalisierte die soziale Stratifikation. Mit den eher negativen Einstellungen der westlichen Kommunikationsgemeinschaft der Stadtvarietät gegenüber korrespondierten deren restringierte Verwendung. Umgekehrt sicherte der Gebrauch der Standardvarietät Sozialprestige und fungierte als soziales Abgrenzungsmittel.
Positiv besetzt dagegen war der Gebrauch des Berlinischen im Ostteil der Stadt, worauf Peine/Schönfeld bereits 1981 hingewiesen hatten. Die Verwendung des Berlinischen war nicht schichtenspezifisch begrenzt, geschweige denn sozial abgrenzend, sondern fungierte im Gegenteil als wesentlich identifikationsstiftendes Moment für die Hauptstädter in Abgrenzung vom "Rest" der Republik. Auch der Kommunikationswert der Varietät war folglich höher als im Westteil der Stadt.
Ein Großteil dessen, was die positive Besetzung des Berlinischen im Ostteil der Stadt ausmachte bzw. hervorrief, existiert heute nicht mehr, aber nicht nur die Lebenssituation der Ostberliner, sondern auch die der Westberliner hat sich mit dem Anschluß der DDR an die BRD grundlegend verändert. Daraus ergab sich als naheliegende Ausgangshypothese für jegliche weiteren Untersuchungen in Berlin, dass die östliche Kommunikationsgemeinschaft unter einen immensen Anpassungsdruck an das westliche Prestigemodell geraten ist. Gleichzeitig war aber auch zu fragen, ob Ausgleichs- oder Anpassungsprozesse ebenso in umgekehrter Richtung stattfinden, und überhaupt: Was eint, was trennt die Ostberliner und die Westberliner in ihrem Sprachbewußtsein, in ihren Spracheinstellungen und in ihrem Sprachverhalten?
1994, 1996 und 1998 habe ich drei Erhebungsstaffeln einer Befragung mittels standardisierter Fragebogen durchgeführt, die sich mit genau diesen Fragestellungen auseinandersetzt.
Um eine partielle Vergleichbarkeit der Ergebnisse mit denen der '82er Studie zu gewährleisten, wurde für diese Befragung der Fragebogen, mit dem die Erhebungen damals in den Westberliner Bezirken Wedding und Zehlendorf durchgeführt worden waren, modifiziert und den veränderten Kommunikationsverhältnissen in der Stadt angepasst.
Befragt wurden insgesamt 876 Berlinerinnen und Berliner in den Stadtbezirken Zehlendorf, Wedding, Pankow und Prenzlauer Berg im Alter von 25-45 Jahren. Prenzlauer Berg und Pankow wurden im Ostteil ausgewählt, um eine Vergleichbarkeit der Soziallage zu gewährleisten. Die Auswahl der Informanten erfolgte nach dem Zufallsprinzip.
Ausgewertet werden die Daten mittels verschiedener quantitativer und qualitativer statistischer Verfahren, die die Grundlage der soziolinguistisch-sozialwissenschaftlichen Interpretation bilden.
In den Antworten auf die Eröffnungsfrage des Fragebogens: Sprechen Sie normalerweise Berliner Dialekt oder Hochdeutsch? (s. Anhang) ergeben sich keine signifikanten Unterschiede zwischen den Erhebungsstaffeln, aber, erwartungsgemäß und hoch signifikant, zwischen Ost- und Westberlinern (Chi-Quadrat = 48.6571, df = 3, p < 0.001) und zwischen den einzelnen Stadtbezirken (Chi-Quadrat = 108.5286, df = 9, p < 0.001).
Ges |
ost |
Pb |
Pa |
west |
We |
Ze |
|
Buv |
37.4 |
49.7 |
45.6 |
54.7 |
27.2 |
38.8 |
16.7 |
Hd |
43.9 |
33.7 |
37.8 |
28.7 |
52.5 |
36.1 |
67.4 |
w.n. |
3.9 |
3.5 |
5.1 |
1.7 |
4.2 |
7.0 |
1.6 |
b |
14.7 |
13.1 |
11.5 |
14.9 |
16.1 |
18.1 |
14.3 |
Pb = Prenzlauer Berg, Pa = Pankow, We = Wedding, Ze = Zehlendorf
buv (Berlin urban vernacular) |
= Berlinisch |
hd (Hochdeutsch) |
= Standardvarietät |
w.n. |
= weiß nicht |
b (beides) |
= Wechsel zwischen Berlinisch und Standardvarietät |
Tabelle 1: Antworten auf Frage 1: Sprechen Sie normalerweise Berliner Dialekt oder Hochdeutsch? (in %)
Die Hälfte der Ostberliner gibt an, normalerweise die städtische Umgangssprache zu sprechen, während dies im Westteil der Stadt nur gut ein Viertel der Befragten tut. Demgegenüber benutzt über die Hälfte der Westberliner gewohnheitsmäßig die Standardvarietät, aber nur ein Drittel der Ostberliner. Der Prozentsatz der Berliner, die gleichermaßen beide Varietäten verwenden, liegt im Westteil etwas höher als im Ostteil. Der in der Gesamtstichprobe nur geringe Prozentsatz derjenigen, die sich nicht einordnen konnten, differiert in Ost und West unwesentlich.
Der über alle Staffeln vergleichsweise hohe Anteil von bekennenden Berlinisch-Sprechern in Ostberlin ist ein erstes Indiz dafür, dass die These vom Anpassungsdruck an das Prestigemodell, unter den die Ostberliner nach '89 geraten sind, in der zweiten Hälfte der 90er Jahre nicht mehr aufrechtzuerhalten ist: Der Gebrauch des Berlinischen geht nicht zurück, sondern bleibt stabil.
Gleichermaßen ist der über die Staffeln konstant bleibende Anteil von Berlinisch-Sprechern im Westteil der Stadt ein erstes Indiz dafür, dass eine zweite These, und zwar die vom tendenziellen Dialektverlust der Westberliner, die noch von den bis einschließlich 1996 elizitierten Daten gestützt zu werden schien, ebenfalls nicht länger aufrechtzuerhalten ist: War von 1982 bis 1994 ein fast neunprozentiger Rückgang von bekennenden Berlinisch-Sprechern zu verzeichnen, so stabilisiert sich der Gebrauch der Stadtvarietät jetzt wieder, wenn auch auf niedrigerem als dem Ausgangsniveau (1982: 34.8%).
Gestützt und gleichzeitig differenziert wird der Ost-West-Unterschied durch die Analyse der Anteile der Sprechergruppen in den verschiedenen Stadtbezirken. Deren Chi-Quadrat-Test ist wieder hoch signifikant (Chi-Quadrat = 108.5286, df = 9, p < 0.001).
Abbildung 1: Anteile der Sprechergruppen in den Stadtbezirken
Beide Ostbezirke erreichen höhere Quoten bei den bekennenden Berlinisch-Sprechern als beide Westbezirke, wobei ihr Anteil in Pankow noch um 9% höher liegt als im Prenzlauer Berg. Korrespondierend dazu ist in Pankow der geringste Anteil von Hochdeutsch-Sprechern überhaupt zu finden. Die beiden traditionellen Arbeiterbezirke (Prenzlauer Berg und Wedding) erreichen ungefähr gleiche Anteile bei den Hochdeutsch-Sprechern, deren Prozentsatz in Zehlendorf fast doppelt so hoch liegt wie in allen anderen Stadtbezirken.
Damit hat der Westteil der Stadt die aufgrund der Sozialprestigehypothese erwarteten Antworten gegeben. Für den Ostteil hingegen bestätigt sich die Hypothese, dass das Berlinische unabhängig von der sozialen Stratifikation verwendet wird, eben weil es dort nicht möglich ist, eine Zuordnung zu regional definierbaren Soziallagen via Varietätengebrauch vorzunehmen.
Schaut man sich die Kenntnisse und den Gebrauch ausgewählter berlinischer Lexik an, wie in den Antworten auf Frage 21 (s. Anhang) dokumentiert, so ergeben sich hinsichtlich der Kenntnisse keine signifikanten Ost-West-Unterschiede: Die Kenntnisse der berlinischen Lexik sind in Ost- und Westberlin gleich gut bzw. schlecht1:
gesamt |
ost |
west |
chi-quadrat |
df |
sign |
|||
1 |
Brötchen |
"schrippe" |
95.4% |
96.5% |
93.8% |
2.4111 |
1 |
n.s. |
2 |
Frikadelle |
"boulette" |
91.0% |
93.9% |
87.6% |
7.3745 |
1 |
p<0.01 |
3 |
Trinklokal |
"kneipe" |
88.9% |
91.4% |
85.5% |
5.1584 |
1 |
n.s. |
4 |
5 Pfennig |
"sechser" |
81.8% |
82.8% |
80.3% |
0.6071 |
1 |
n.s. |
5 |
Scheibe Brot |
"stulle" |
77.6% |
78.3% |
76.6% |
0.2776 |
1 |
n.s. |
6 |
Kinder |
"gören" |
74.0% |
75.5% |
72.1% |
0.9069 |
1 |
n.s. |
7 |
Flasche |
"pulle" |
70.0% |
71.0% |
68.6% |
0.4119 |
1 |
n.s. |
8 |
ein Bier |
"molle" |
62.5% |
65.9% |
59.0% |
3.1170 |
1 |
n.s. |
9 |
kleiner Junge |
"piepel" |
57.5% |
58.0% |
56.9% |
0.0700 |
1 |
n.s. |
10 |
mittendrin |
"mang" |
55.2% |
51.3% |
59.3% |
3.9362 |
1 |
n.s. |
11 |
feiner Herr |
"pinkel" |
52.1% |
50.3% |
53.8% |
0.7292 |
1 |
n.s. |
12 |
dumm |
"doof" |
43.4% |
47.4% |
39.0% |
4.4210 |
1 |
n.s. |
13 |
chic |
"schnieke" |
27.9% |
23.6% |
32.4% |
5.8770 |
1 |
n.s. |
Logistische Korrelation: r = 0.981 |
Tabelle 2: Antworten auf Frage 21: Die gemeinsame Ost-West-Kenntnishitliste
Hinsichtlich des tatsächlichen Gebrauchs der bekannten Lexik jedoch ergeben sich ganz deutlich signifikante Ost-West-Unterschiede in der Gebrauchsfrequenz einzelner Lexeme. In der Gebrauchsreihenfolge dagegen zeigt sich - wie bei den Kenntnissen - eine fast perfekte Ost-West-Übereinstimmung.
gesamt |
ost |
west |
chi-quadrat |
df |
sign |
|||
1 |
Brötchen |
"schrippe" |
59.4% |
67.2% |
50.7% |
17.0186 |
1 |
p<0.001. |
2 |
Frikadelle |
"boulette" |
56.9% |
64.0% |
49.0% |
13.9105 |
1 |
p<0.001 |
3 |
Trinklokal |
"kneipe" |
59.4% |
58.3% |
46.9% |
7.8396 |
1 |
p<0.01. |
4 |
Scheibe Brot |
"stulle" |
45.1% |
53.8% |
35.5% |
20.4065 |
1 |
p<0.001 |
5 |
5 Pfennig |
"sechser" |
25.7% |
28.3% |
22.7% |
2.4654 |
1 |
n.s. |
6 |
dumm |
"doof" |
20.0% |
26.8% |
12.7% |
18.4269 |
1 |
p<0.001 |
7 |
Kinder |
"gören" |
17.9% |
21.3% |
14.7% |
5.3221 |
1 |
n.s. |
8 |
kleiner Junge |
"piepel" |
13.4% |
18.5% |
8.3% |
13.3566 |
1 |
p<0.001 |
9 |
Flasche |
"pulle" |
14.6% |
15.6% |
13.4% |
0.5635 |
1 |
n.s. |
10 |
ein Bier |
"molle" |
8.6% |
12.1% |
5.2% |
9.0436 |
1 |
p<0.01 |
11 |
mittendrin |
"mang" |
8.3% |
11.1% |
5.2% |
7.0864 |
1 |
p<0.01 |
12 |
feiner Herr |
"pinkel" |
5.4% |
7.0% |
3.8% |
3.0138 |
1 |
n.s. |
13 |
chic |
"schnieke" |
5.6% |
6.7% |
4.5% |
1.3800 |
1 |
n.s. |
Logistische Korrelation: r = 0.979 |
Tabelle 3: Antworten auf Frage 21: Die Ost-West-Gebrauchshitliste
Dieses Ergebnis - gleiche Kenntnisse, signifikant differente Gebrauchsfrequenz - ist ein erstes Indiz für Ost-West-Unterschiede in Einstellungen der Stadtvarietät gegenüber.
Um diese Unterschiede spezifischer fassen zu können, habe ich Latent-Class-Analysen (im folgenden: LCA)2 gerechnet, in die ich
einbezogen habe.
Nach den Angaben zum Gebrauch des Berlinischen wurden die Informanten vier Gruppen zugeordnet:
Der Sprachgebrauch wurde in Ost und West getrennt analysiert, weil auch die LCA ergeben haben, dass zwischen den beiden Stadthälften qualitative Unterschiede bestehen (Chi-Quadrat = 122.726, df = 29, p < 0.001). Zur Beschreibung beider Datensätze wurde jeweils die Dreiklassenlösung als angemessen ausgewählt (Kodierschlüssel s. Anhang)4.
Buv |
alter |
w/m |
bildung |
use |
|||
1.CLASS |
0.534 |
*0* |
0.120 |
0.448 |
0.470 |
0.745 |
0.000 |
*1* |
0.880 |
0.552 |
0.530 |
0.020 |
0.272 |
||
*2* |
0.154 |
0.471 |
|||||
*3* |
0.081 |
0.258 |
|||||
2.CLASS |
0.392 |
*0* |
0.999 |
0.217 |
0.514 |
0.602 |
0.098 |
*1* |
0.001 |
0.783 |
0.486 |
0.046 |
0.494 |
||
*2* |
0.323 |
0.218 |
|||||
*3* |
0.030 |
0.189 |
|||||
3.CLASS |
0.074 |
*0* |
0.768 |
1.000 |
0.512 |
0.003 |
0.467 |
*1* |
0.232 |
0.000 |
0.488 |
0.083 |
0.153 |
||
*2* |
0.535 |
0.057 |
|||||
*3* |
0.379 |
0.323 |
Tabelle 4: Ergebnisse der LCA Ost
Abbildung 2: Verteilung der Altersgruppen auf die Klassen der LCA
Die erste, größte Ostklasse wird von 53.4% aller befragten Ostberliner gebildet. Es ist ganz klar eine Nichtberlinischsprecherklasse mit einer leichten Dominanz der älteren Ostberliner (vgl. Abb. 2). Die Geschlechter sind paritätisch verteilt wie überhaupt in allen Klassen. Es ist dies die Ostklasse mit dem höchsten Bildungsniveau: Drei Viertel derer, die in diese Klasse gehören, haben das Abitur abgelegt. In dieser Klasse ist kein Berlinisch-User, und der Prozentsatz derer, die ausschließlich Standardvarietät sprechen, entspricht dem Ostberliner Durchschnitt. Diese Klasse ist durch die Verwendung nichtberlinspezifischer umgangssprachlicher Lexik charakterisiert.
In die zweitgrößte Klasse gehören 39.2% der Ostberliner, die sich (alle) als Berlinisch-Sprecher bezeichnen. Es ist eine junge Klasse, die ebenfalls von Abiturienten dominiert wird und deren Mitglieder die Stadtvarietät aktiv verwenden (niedrigster Prozentsatz der ausschließlich Standardvarietät Sprechenden).
Die dritte, sehr kleine Klasse wird von nur 7.4% der Ostberliner gebildet. Auch dies ist eine Berlinischsprecherklasse, die sich von Klasse 2 aber zum einen grundsätzlich in Alter und Bildungsgrad unterscheidet und zum anderen dadurch, dass die gemäßigten Positionen (umgangssprachliche Lexik, gelegentlicher Berlinismengebrauch) ausgesprochen unterrepräsentiert sind. Diejenigen, die in diese Klasse gehören, vertreten die Extreme: Sie sind entweder Berlinisch-User oder sprechen Standard. Wobei ich letzteres realiter aber ausschließe bei Probanden, die sich selbst als Berlinisch-Sprecher einordnen. Dieses Ergebnis ist nur damit zu erklären, dass sie sich vom Fragebogen bereits überbeansprucht fühlten und die Gebrauchsfrage nicht mehr beantwortet haben. Da dies jedoch mit Sicherheit eine sowohl klassen- als auch ostwestübergreifende Überbeanspruchung ist, werden die Ergebnisse generell dadurch nicht in Frage gestellt. Es ist lediglich davon auszugehen, dass der Prozentsatz derer, die berlinische und/oder umgangssprachliche Lexik verwenden, realiter höher liegt.
Buv |
alter |
w/m |
bildung |
use |
|||
1.CLASS |
0.525 |
*0* |
0.062 |
0.269 |
0.497 |
0.945 |
0.007 |
*1* |
0.938 |
0.731 |
0.503 |
0.011 |
0.203 |
||
*2* |
0.000 |
0.392 |
|||||
*3* |
0.044 |
0.399 |
|||||
2.CLASS |
0.315 |
*0* |
0.241 |
0.646 |
0.536 |
0.019 |
0.000 |
*1* |
0.759 |
0.354 |
0.464 |
0.180 |
0.177 |
||
*2* |
0.615 |
0.340 |
|||||
*3* |
0.185 |
0.483 |
|||||
3.CLASS |
0.160 |
*0* |
1.000 |
0.439 |
0.460 |
0.347 |
0.106 |
*1* |
0.000 |
0.561 |
0.540 |
0.312 |
0.538 |
||
*2* |
0.340 |
0.000 |
|||||
*3* |
0.000 |
0.356 |
Tabelle 5: Ergebnisse der LCA West
Abbildung 3: Verteilung der Altersgruppen auf die Klassen der LCA
In die größte Westklasse gehören 52.5% aller befragten Westberliner. Es ist eine Nichtberlinischsprecherklasse mit Hochschulreife, die von den 25-35-Jährigen dominiert wird und die in ihrer inhaltlichen Charakteristik der größten Ostklasse sehr ähnlich ist: Es ist die der Umgangssprachesprecher. Und diese Klasse ist die einzige, die mit einer der Ostklassen vergleichbar ist; die beiden anderen Westklassen sind von den beiden anderen Ostklassen völlig verschieden.
Es beginnt damit, dass die zweite Klasse, die 31.5% der Westberliner versammelt, wie die erste eine Nichtberlinischsprecherklasse ist. Es ist eine Klasse der älteren Informanten, in der sich kaum ein Abiturient befindet. Niemand ist Berlinisch-User; im Gegenzug haben die Standardvarietätsprecher in dieser und nur in dieser Klasse einen über dem westberliner Durchschnitt liegenden Anteil. Hier findet sich also das ausgeprägteste Prestigebewusstsein hinsichtlich des Gebrauchs der Standardvarietät.
Die dritte Klasse umfaßt 16% aller befragten Westberliner, die sich alle als Berlinisch-Sprecher verstehen. Es ist eine Klasse mit gemischten Schulabschlüssen und ohne ausgeprägte Altersdominanz, in der sich die Majorität aller westberliner Berlinisch-User ebenso findet wie die derjenigen, die über die Umgangssprache hinausgehend berlinische Lexik benutzen. Den hohen Anteil der Standardvarietätbenutzer habe ich schon bei der kleinen Ostklasse erklärt.
Erstaunlicherweise gibt es in den einzelnen Ost-West-Klassen keine geschlechtsspezifischen Differenzierungen. Das widerspricht allen bisherigen Erkenntnissen von Dialektologie und Soziolinguistik, für die es ein allgemein akzeptierter Topos war, dass die Dialekttiefe bei den Männern stärker ausgeprägt ist.
Was eint, was trennt die Ost- und die Westberliner also in ihrem Sprachverhalten?
Die jüngeren Leute sind in Ost wie auch in West weniger prestigebewusst und neigen eher zu Verletzungen des standardorientierten Sprachkodexes als die älteren, wenn auch bzw. aber auf jeweils unterschiedlichen Ebenen:
Besonders interessant in diesem Zusammenhang ist die Analyse des Benutzerkreises der Standardvarietät.
Im Osten finden sich die überdurchschnittlichen Nutzer der Standardvarietät lediglich in der kleinen Berlinischklasse. Dieses Ergebnis ist zu vernachlässigen (s.o.).
Und das bedeutet, dass es in Ostberlin keine quantitativ oder gar sozial fassbare Gruppe gibt, die sich über den Gebrauch der Standardvarietät definiert.
In die Gruppe der Westberliner überdurchschnittlichen Benutzer der Standardvarietät (Klasse 2) gehören 31.5% aller befragten Westberliner. Es sind zu zwei Dritteln ältere (die Hälfte aller befragten älteren Westberliner, vgl. Abb. 3), zu 76% Nichtberlinisch-Sprecher mit signifikant fehlender Hochschulzugangsberechtigung (West gesamt: 56% Abitur; in dieser Klasse: 1.9%).
Diese große Westklasse mit mittlerer Bildung und ausgeprägter Standardorientierung ist insofern für den Westteil typisch, als ein Pendant unter den anderen sozialen Bedingungen im Ostteil der Stadt gar nicht entstehen konnte. In dieser Klasse geht es darum, über den sprachlichen Schein die Illusion von sozialem Sein zu erzeugen: Der tüchtige kleine Mann, der sich an die sprachlichen Spielregeln anpasst, schafft den sozialen Aufstieg. Für eine solche Einstellung gab es im Ostteil der Stadt keinen sozialen Nährboden. Zum einen wurde die Notwendigkeit standardsprachlicher Präsentation in der DDR eher unter- als überbewertet. Zum anderen, eng damit verbunden, fand auch die Konstruktion sozialer Scheinrealitäten nicht via standardnahen Sprachgebrauch statt. Und zum dritten schließlich wurde standardnaher Sprachgebrauch in seinen sozialen Wirkungsmöglichkeiten folglich auch nicht so maßlos überschätzt wie in Teilen der westlichen Sprachgemeinschaft.
Ich fasse den Ost-West-Vergleich noch einmal kurz zusammen:
Ostwestspezifische Gemeinsamkeiten und Unterschiede lassen sich nicht nur auf der unmittelbar objektsprachlichen Ebene nachweisen, sondern gleichwohl in Einstellungen dem Berlinischen gegenüber.
Im folgenden interpretiere ich die Ergebnisse einer LCA von Fragen zur Elizitierung solcher Einstellungen (Fragen und Kodierschlüssel s. Anhang).
Sowohl Frage 6 als auch Frage 11 wurden in der '94er Erhebungsstaffel nicht gestellt. Deshalb habe ich diese beiden Fragen nicht zur Klassenbildung herangezogen, sondern für die '96er und die '98er Staffel über Kontingenzrechnungen in die Interpretation der Klassen einbezogen. Analysiert wurden die abhängigen Variablen aus den Fragen 3, 9 und 10 zusammen mit den unabhängigen Variablen 'Wohnsitz in Ost- oder Westberlin' und 'Selbsteinschätzung des Sprachverhaltens'.
Die LCA wurden für die Erhebungsstaffeln getrennt vorgenommen, weil sich signifikante Unterschiede zwischen ihnen ergeben haben (Chi-Quadrat = 148.838, df = 82, p < 0.001). Zur optimalen Beschreibung der Daten in den einzelnen Staffeln wurde jeweils die Vierklassenlösung ausgewählt5.
Jedoch gibt es nicht nur signifikante Unterschiede zwischen den Erhebungsstaffeln, sondern auch jeweils in den Klassen der LCA zwischen Ost und West ('94: Chi-Quadrat = 38.84, df = 3, p < 0.001; '96: Chi-Quadrat = 136.45, df = 3, p < 0.001, '98: Chi-Quadrat = 137.66, df = 3, p < 0.001). Dadurch wird es legitimiert, bei der Interpretation der LCA die Ost-West-Kategorie als ein wesentlich klassenbildendes Kriterium zu betrachten.
F01 |
F03 |
F10 |
F09 |
||||
Ostwest |
buv |
gern |
lehre |
moderat |
|||
1.CLASS |
0.360 |
*0* |
0.260 |
0.064 |
0.607 |
0.000 |
0.738 |
*1* |
0.740 |
0.936 |
0.029 |
0.002 |
0.059 |
||
*2* |
0.363 |
0.918 |
0.000 |
||||
*3* |
0.000 |
0.079 |
0.202 |
||||
2.CLASS |
0.354 |
*0* |
0.251 |
0.203 |
0.887 |
0.046 |
0.045 |
*1* |
0.749 |
0.797 |
0.113 |
0.127 |
0.856 |
||
*2* |
0.000 |
0.551 |
0.000 |
||||
*3* |
0.000 |
0.276 |
0.098 |
||||
3.CLASS |
0.227 |
*0* |
0.440 |
0.792 |
0.296 |
0.000 |
0.148 |
*1* |
0.560 |
0.208 |
0.684 |
0.961 |
0.629 |
||
*2* |
0.019 |
0.000 |
0.107 |
||||
*3* |
0.000 |
0.039 |
0.115 |
||||
4.CLASS |
0.059 |
*0* |
1.000 |
0.925 |
0.517 |
0.000 |
0.859 |
*1* |
0.000 |
0.075 |
0.295 |
0.000 |
0.000 |
||
*2* |
0.119 |
0.950 |
0.000 |
||||
*3* |
0.069 |
0.050 |
0.141 |
Tabelle 6: Ergebnisse der LCA für 1994
Die erste, größte Klasse wird von 36% aller Befragten gebildet. Es ist eine westdominierte Nichtberlinischsprecherklasse mit dem höchsten Prozentsatz derjenigen, die die Stadtvarietät nicht gern hören. Folglich ist sie auch nahezu geschlossen der Ansicht, sie nicht bewusst an die Nachkommenden weitergeben zu wollen, und findet mit großer Mehrheit die Enthaltsamkeit der Moderatoren gegenüber dem Berlinischen OK. Es ist dies also eine der Stadtvarietät klar ablehnend gegenüberstehende Klasse.
Die zweite Klasse wird von 35.4% der Befragten gebildet. Sie ist von Westberlinern und Nichtberlinisch-Sprechern dominiert und hat den höchsten Anteil derer, die das Berlinische in Abhängigkeit von bestimmten Situationen gern hören. Alle anderen hören es immer gern. Was die Weitergabe des Berlinischen betrifft, tendiert diese Klasse zur 'Weiß-nicht'-Antwort, und nahezu 86% finden es manchmal bedauerlich, kein Berlinisch im Radio zu hören. Diese Klasse ist leicht positiv orientiert, aber vorrangig nicht so klar entschieden.
In die dritte Klasse gehören 22.7% der Befragten. Sie ist eher ostdominiert und ganz klar von Berlinisch-Sprechern. Über zwei Drittel ihrer Mitglieder hören das Berlinische immer gern; fast alle würden es auch ihre Kinder lehren. Und über drei Viertel finden es manchmal und sehr schade, die Stadtvarietät nicht im Radio zu hören. Diese Klasse steht der Stadtvarietät aufgeschlossen und positiv gegenüber.
Die ganz kleine vierte Klasse wird von 5.9% der Befragten gebildet. Es ist eine berlinischsprechende reine Ostklasse, die in ihrem Varietätengebrauch aber völlig verunsichert ist: Die Antworten auf die Sachfrage nach dem Gernhören liegen zwar im Schnitt der ostberliner Gesamtverteilung, aber 95% dieser Berlinisch-Sprecher würden die Stadtvarietät nicht an ihre Kinder weitergeben, und die Klasse weist auch den höchsten Prozentsatz derer auf, die das Fehlen ihrer angestammten Sprache im Radio völlig in Ordnung finden. Dies ist die Klasse der ostberliner Berlinisch-Sprecher, die mit ihrem Berlinisch-Gebrauch Probleme haben und die sich über ihre Sprache nicht (mehr) identifizieren können.
Für 1994 ergibt sich folgendes Bild von den in der Stadt zu findenden Einstellungen der Stadtvarietät gegenüber: Es existiert eine reserviert-ablehnende Haltung, die besonders im Westteil, aber auch im Osten und in erster Linie unter Nichtberlinisch-Sprechern verbreitet ist. Eine positive Einstellung ist vorrangig im Ostteil und unter Berlinisch-Sprechern zu finden. Die eher mittige Haltung kommt wieder besonders im Westteil und unter Nichtberlinisch-Sprechern vor, hat aber eine deutlich positive Tendenz. Ins eher negative Spektrum gehören die ostberliner Berlinisch-Sprecher, für die ihr Berlinisch-Gebrauch sehr problematisch geworden ist.
In die Interpretation der LCA-Ergebnisse dieser wie auch der '98er Staffel habe ich die Antworten auf die Fragen 6 und 11 ergänzend einbezogen6.
F01 |
F03 |
F10 |
F09 |
F06 |
F11 |
||||
Ostwest |
buv |
gern |
lehre |
moderat |
unter |
hochdt |
|||
1.CL. |
0.351 |
*0* |
0.824 |
0.466 |
0.866 |
0.000 |
0.754 |
0.0465 |
0.8141 |
*1* |
0.176 |
0.534 |
0.078 |
0.145 |
0.129 |
0.1999 |
0.0231 |
||
*2* |
0.033 |
0.813 |
0.000 |
0.1129 |
0.0047 |
||||
*3* |
0.024 |
0.042 |
0.118 |
0.6407 |
0.1581 |
||||
2.CL. |
0.298 |
*0* |
0.508 |
0.593 |
0.619 |
0.021 |
0.035 |
0.0154 |
0.6386 |
*1* |
0.492 |
0.407 |
0.355 |
0.630 |
0.682 |
0.1260 |
0.0450 |
||
*2* |
0.000 |
0.108 |
0.085 |
0.2029 |
0.0489 |
||||
*3* |
0.026 |
0.242 |
0.199 |
0.6557 |
0.2675 |
||||
3.CL. |
0.195 |
*0* |
0.002 |
0.096 |
0.906 |
0.000 |
0.395 |
0.1387 |
0.8274 |
*1* |
0.998 |
0.904 |
0.000 |
0.181 |
0.405 |
0.2231 |
0.0066 |
||
*2* |
0.069 |
0.539 |
0.000 |
0.2131 |
0.0125 |
||||
*3* |
0.025 |
0.281 |
0.200 |
0.4252 |
0.1534 |
||||
4.CL. |
0.156 |
*0* |
0.116 |
0.017 |
0.231 |
0.020 |
0.928 |
0.1965 |
0.9330 |
*1* |
0.884 |
0.983 |
0.056 |
0.000 |
0.000 |
0.5022 |
0.0354 |
||
*2* |
0.666 |
0.980 |
0.020 |
0.1405 |
0.0014 |
||||
*3* |
0.047 |
0.000 |
0.052 |
0.1607 |
0.0302 |
Tabelle 7: Ergebnisse der LCA für 1996
Die größte Klasse konstituieren 35.1% des '96er Samples. Es ist die ostberliner Klasse, in die vorrangig Berlinisch-Sprecher gehören, die jedoch in ihrem Varietätengebrauch hochgradig irritiert sind: Auf die Frage nach dem Gernhören hat die Situationsabhängigkeit eine sehr hohe Quote. Den Kindern vermitteln würden sie die Nonstandardvarietät ganz eindeutig nicht, und das Fehlen im Radio ist ebenso eindeutig OK. Der Prozentsatz derjenigen, die das Berlinische immer unterdrücken, liegt über dem ostberliner Durchschnitt ebenso wie der derer, die Hochdeutsch uneingeschränkt wichtig finden. Diese Klasse hat mit ihrem Berlinisch-Gebrauch bzw. mit der Stadtvarietät überhaupt Probleme. Sie steht ihr letztlich ablehnend gegenüber. Die Unterschiede zur ebenfalls ablehnenden Klasse 4 liegen in den situationsabhängigen Antworten auf die Gernhören- und die Unterdrücken-Fragen.
Die vierte Klasse wird von 15.6% der Befragten gebildet und ist eine nichtberlinischsprechende Westklasse, die das Berlinische nicht gern hört, es weder an die Kinder weitergibt noch im Radio zu hören wünscht, dessen Gebrauch mehrheitlich immer unterdrückt und die Standardvarietät ohne Einschränkungen wichtig findet. Dies ist die ablehnende Klasse der '96er Befragung.
Die dritte Klasse wird von 19.5% der Befragten gebildet. Es ist eine nahezu reine Westberliner Nichtberlinischsprecherklasse, die die Stadtvarietät situationsabhängig gern hört, bezüglich der Weitergabe an die Kinder unentschlossen bis ablehnend ist und es zu gleichen Teilen OK findet und manchmal bedauert, Berlinisch nicht öfter im Radio hören zu können. Eine ebenso unentschiedene Tendenz zeigt sich in den Antworten auf die Frage nach dem Unterdrücken der Stadtvarietät, und die Beurteilung des Hochdeutschen spiegelt den Westberliner Durchschnitt. Diese Klasse steht dem Berlinischen vorrangig neutral, jedoch mit leicht ablehnender Tendenz gegenüber.
In die zweitgrößte Klasse gehören 29.8% aller Befragten. Es gibt keine Ost-West-Dominanz, aber eine der Berlinisch-Sprecher. Der Prozentsatz derjenigen, die das Berlinische situationsabhängig und immer gern hören, liegt über dem jeweiligen Durchschnitt. Bezüglich der Vermittlung der Stadtvarietät weist diese Klasse den höchsten Anteil sowohl der 'Ja'- als auch der 'Weiß-nicht'-Antworten auf. Was die Präsenz der Stadtvarietät im Rundfunk betrifft, so vermissen die Mitglieder dieser Klasse sie manchmal, oder es ist ihnen egal (je höchster Prozentsatz aller Klassen). Sie unterdrücken das Berlinische mehrheitlich situationsabhängig (höchster Prozentsatz aller Klassen) oder nicht. In dieser Klasse findet sich der niedrigste Prozentsatz derjenigen, die Hochdeutsch uneingeschränkt für wichtig halten. Die Klasse ist sehr berlinischfreundlich mit einem leichten Hang zur Unentschlossenheit in den Antworten.
1996 ist es so, dass eine ablehnende Haltung der Stadtvarietät gegenüber im Westteil der Stadt unter Nichtberlinisch-Sprechern zu finden ist. Das reserviert-neutrale Spektrum daneben ist relativ breit: Die Ostberliner Berlinisch-Sprecher mit Problemen beim Gebrauch der Stadtvarietät sind sehr zurückhaltend mit neutralen oder gar positiven Äußerungen. Und auch die Westberliner Nichtberlinisch-Sprecher positionieren sich eher neutral-ablehnend. Eine ausgesprochen positive Einstellung findet sich in Ost wie in West gleichermaßen, und zwar vorrangig unter Berlinisch-Sprechern.
F01 |
F03 |
F10 |
F09 |
F06 |
F11 |
||||
Ostwest |
buv |
gern |
lehre |
moderat |
unter |
hochdt |
|||
1.CL. |
0.327 |
*0* |
0.960 |
0.616 |
0.751 |
0.000 |
0.436 |
0.0231 |
0.8124 |
*1* |
0.040 |
0.384 |
0.198 |
0.210 |
0.300 |
0.2175 |
0.0171 |
||
*2* |
0.000 |
0.361 |
0.000 |
0.1954 |
0.0103 |
||||
*3* |
0.051 |
0.429 |
0.264 |
0.5640 |
0.1602 |
||||
2.CL. |
0.322 |
*0* |
0.386 |
0.181 |
0.654 |
0.010 |
0.809 |
0.1015 |
0.9471 |
*1* |
0.614 |
0.819 |
0.000 |
0.025 |
0.145 |
0.4829 |
0.0001 |
||
*2* |
0.336 |
0.965 |
0.000 |
0.0882 |
0.0000 |
||||
*3* |
0.010 |
0.000 |
0.046 |
0.3274 |
0.0527 |
||||
3.CL. |
0.200 |
*0* |
0.501 |
0.700 |
0.413 |
0.048 |
0.090 |
0.0072 |
0.6807 |
*1* |
0.499 |
0.300 |
0.587 |
0.875 |
0.638 |
0.0825 |
0.0077 |
||
*2* |
0.000 |
0.051 |
0.272 |
0.2834 |
0.0000 |
||||
*3* |
0.000 |
0.026 |
0.000 |
0.6269 |
0.3116 |
||||
4.CL. |
0.151 |
*0* |
0.000 |
0.240 |
0.805 |
0.000 |
0.289 |
0.0000 |
0.6260 |
*1* |
1.000 |
0.760 |
0.024 |
0.350 |
0.382 |
0.0456 |
0.0588 |
||
*2* |
0.026 |
0.000 |
0.000 |
0.3293 |
0.0415 |
||||
*3* |
0.145 |
0.650 |
0.329 |
0.6251 |
0.2737 |
Tabelle 8: Ergebnisse der LCA für 1998
Die größte Klasse wird von 32.7% der Befragten gebildet. Sie ist die Klasse der Ostberliner und wird von Berlinisch-Sprechern dominiert, die die Stadtvarietät in erster Linie situationsabhängig und sonst immer gern hören, bezüglich der Weitergabe unschlüssig sind und die es vorrangig in Ordnung finden, dass im Radio kaum Berlinisch gesprochen wird. Sie unterdrücken die Stadtvarietät eher situationsabhängig und spiegeln hinsichtlich der Wichtigkeit des Hochdeutschen den Ostberliner Durchschnitt. Die Klasse ist nicht klar positioniert. Im Vergleich aber mit der ebenfalls unentschiedenen Klasse 4 gibt es einerseits z.T. klarere Positionierungen der einzelnen Mitglieder, die sich im Gesamtbild relativieren, und andererseits eine Tendenz zu größerer Zurückhaltung der Stadtvarietät gegenüber. Man kann zwar nicht sagen, dass die Klasse dem Berlinischen gegenüber eher negativ eingestellt ist, aber negativer als die Vergleichsklasse.
Diese Vergleichsklasse ist die kleinste Klasse, die von 15.1% des Samples konstituiert wird. Es ist eine nichtberlinischsprechende reine Westklasse. Das situationsabhängige Gernhören und die 'Weiß-nicht'-Antwort haben die höchsten Prozentualanteile aller Klassen. Was die Weitergabe an die Kinder betrifft, so teilt sich diese Klasse in 'Weiß-nicht' (höchste Quote aller Klassen)- und 'Ja'-Antworten. Das Fehlen der Stadtvarietät im Radio bedauert diese Klasse manchmal, bzw. es ist ihr egal (höchste Quote). Die Stadtvarietät wird überdurchschnittlich situationsabhängig bzw. nicht unterdrückt (höchster Anteil der 'Nein'-Antworten; aber in dieser Klasse befinden sich offensichtlich auch radikale Westberliner 'Gar-nicht'-Sprecher, die nie berlinern - Bsp.: geschlossene Frage mit Ergänzungsmöglichkeit: 'In welchen Situationen/mit wem sprechen Sie Dialekt?', Ergänzung: 'Nie!'), und es ist die Klasse, die der Standardvarietät die geringste Bedeutung beimisst. Sie macht einen recht berlinischfreundlichen Eindruck, aber mit einer sehr hohen Unsicherheitsquote (Situationsabhängigkeit, 'weiß nicht' und 'egal').
In der dritten Klasse befinden sich 20% der Befragten. Ost- und Westberliner Berlinisch-Sprecher sind in ihr gleichermaßen vertreten. Die Mitglieder dieser Klasse hören das Berlinische mehrheitlich immer gern, würden es an ihre Kinder weitergeben und finden es manchmal bzw. sehr schade, es nicht öfter im Radio zu hören. Sie unterdrücken die Stadtvarietät situationsabhängig bzw. nicht und finden auch die Standardvarietät eher situationsabhängig wichtig. Diese Klasse ist sehr entschieden positiv dem Berlinischen gegenüber positioniert.
In die zweitgrößte Klasse gehören 32.2% der Befragten. Sie ist von Westberlinern und von Nichtberlinisch-Sprechern dominiert, die die Stadtvarietät nicht gern hören, sie nicht an die Kinder weitergeben, mit deren Absenz im Radio einverstanden sind, sie immer unterdrücken und die Standardvarietät uneingeschränkt wichtig finden. Dies ist die ablehnende Klasse der '98er Erhebungsstaffel.
Die reserviert-ablehnende Haltung der Stadtvarietät gegenüber ist auch 1998 in erster Linie unter Westberliner Nichtberlinisch-Sprechern zu finden. Das neutrale Spektrum wird vorrangig ebenfalls von ihnen und von Ostberliner Berlinisch-Sprechern bedient und ist eher neutral-positiv eingestellt. Der positive Pol schließlich ist, sicher nicht überraschend, dominant von Berlinisch-Sprechern besetzt, und zwar in Ost und West.
Die Klassenprofile der drei Querschnitte sind bedingt miteinander vergleichbar.
Eine Klassencharakteristik, die sich in allen drei Staffeln substanziell unverändert nachweisen lässt, ist die der dem Berlinischen eindeutig ablehnend gegenüberstehenden. Diese Klasse verändert ihre Größe jeweils ziemlich dramatisch, und im Zusammenhang damit auch ein wenig ihr Profil. In der '94er Staffel ist es die größte Klasse, in der Ost- wie Westberliner vertreten sind. 1996 gehören nur noch knapp 16% des Samples in diese Klasse, die aber eine klar westdominierte Klasse geworden ist. Mit der Verkleinerung einhergegangen ist eine Radikalisierung der Ablehnung. Nach 1998 hin verdoppelt sich die Klasse wieder, ist immer noch westdominiert, aber nicht mehr so eindeutig wie 1996 und von zurückgenommenerer Reserviertheit als 1996.
1994 gibt es eine der Stadtvarietät positiv gegenüberstehende Klasse, die eher von Ostberlinern dominiert wird. 1996 gibt es eine etwas größere, gemäßigter berlinischfreundlich eingestellte Ost-West-Klasse, die nach 1998 wieder etwas kleiner wird und im Profil der '94er vergleichbar ist.
Die zweitgrößte Klasse der '94er Befragung ist eher eine Westklasse und in ihrer Positionierung nicht klar entschieden, hat aber eine leicht positive Tendenz. Nicht klar entschieden ist auch die drittgrößte Klasse der '96er Befragung, die ebenfalls eher westdominiert ist, aber eine eher negative Positionierungstendenz aufweist. Jedoch ist sie nur noch nahezu halb so groß wie 1994. 1998 gibt es zwei Klassen, die in ihren Antworten zu nicht eindeutigen Positionen neigen. Es sind dies je eine Ost- und eine Westklasse, wobei der Trend zu situationsabhängigen und 'Weiß-nicht'-Antworten mit positiver Tendenz in beiden Klassen wieder verstärkt wird, in der Westklasse aber mit deutlich positiverer Ausrichtung.
Eine letztlich negative Einstellung hat die kleinste reine Ostklasse aus der '94er Staffel mit ihrer Mischung an Antworten, die ein nicht mehr gewagtes Bekenntnis zur angestammten Varietät indizieren. Diese verunsicherte Ostklasse explodiert nach '96 regelrecht, und zwar durch Liberalisierung. In der '98er Staffel verschwindet sie völlig.
Insgesamt ist somit in Ost und West von '94 nach '96 eine Verunsicherung ablehnender wie zustimmender Positionierungen zu beobachten, von '96 nach '98 hingegen eine zunehmend positive Haltung der Stadtvarietät gegenüber. Dieser stadteinheitliche Trend zu einer berlinischfreundlicheren Einstellung ist je ost- bzw. westspezifisch festzumachen. Dass die Westberliner ein positiveres Verhältnis zur städtischen Umgangssprache gewinnen, hat einen Vorlauf in der Entwicklung von '94 nach '96 und äußert sich vorrangig in einer Relativierung der ablehnenden Position (Situationsabhängigkeit, 'weiß nicht', 'egal'), aber auch in der Zunahme der Akzeptanz. Die Ostberliner beginnen nach '96, genau diese Unsicherheit zu überwinden und ihre Fähigkeit zu klarer Positionsbestimmung zurückzugewinnen, was sich ganz massiv im Verschwinden der irritierten Berlinischsprecherklasse der beiden vorherigen Staffeln materialisiert und, damit verbunden, sowohl in der Zunahme der Akzeptanz als auch der Ablehnung, aber auch, paradoxerweise, in der Rückgewinnung neutral-freundlicher Positionierungen. Dass das namentlich beim Vergleich der '96er mit der '98er Staffel auffällt, ist gut kompatibel mit Befunden der neueren Sozialforschung, nach denen die deutsch-deutsche Annäherungs- vs. Abgrenzungsgeschichte nach 1995 einen Einbruch auf Seiten der Ostdeutschen erlebt (cf. Brunner/Walz 1998, Kaase/Bauer-Kaase 1998). Im konkreten Falle bedeutet das die Wiederentdeckung des Identitätsmarkers 'Stadtvarietät' durch die Ostberliner. Die Entwicklung, die die Westberliner durchlaufen, verläuft hingegen kontinuierlich und als ganz normaler Rückbesinnungsprozeß auf positive Aspekte von ehemals bereits Vertrautem.
Diese Annahme bestätigt sich nach der dritten Erhebungsstaffel nicht. Die bis jetzt vorliegende Auswertung der Daten7 rechtfertigt die Hypothese, dass die Ostberliner einen Teil ihres Selbstbewußtseins und damit auch ihrer sprachlichen Autonomie zurückgewinnen, weil sie ihre eigene Sprache - zunehmend wieder - als einen der zentral identitätsstiftenden Werte wahrnehmen bzw. entdecken und auch dringend brauchen.
Die Westberliner gewinnen tatsächlich ein entspannteres, wenn auch von dem der Ostberliner noch weit entferntes Verhältnis zum nichtprestigebesetzen Sprachgebrauch und, unmittelbar damit verbunden, zur nichtprestigeträchtigen Stadtvarietät.
1 Die einzige Ausnahme bildet das Lexem 'boulette', das in Ostberlin etwas bekannter ist als im Westteil der Stadt.[Zurück]
2 Die LCA (cf. Lazarsfeld 1950; Goodman 1974) geht davon aus, dass die Verteilung der Einstellungsindikatoren in der Untersuchungspopulation (hier: der Berliner Bevölkerung) nicht homogen ist, sondern eine Mischverteilung verschiedener, in sich homogener Klassen darstellt. Diese Klassen sind durch eine je typische Verteilung der Indikatoren charakterisiert, die mit manifesten Subpopulationen (hier: den Stadtbezirken in Ost- bzw. Westberlin) korreliert sein können, aber nicht notwendigerweise mit ihnen identisch sind. Man spricht deshalb von latenten Klassen. Die LCA und darauf aufbauende statistische Verfahren erlauben es, diese Klassen zu identifizieren und ihre Korrelation mit manifesten Merkmalen der Untersuchungspersonen sowie allfällige Entwicklungstendenzen über die verschiedenen Erhebungszeitpunkte hinweg empirisch darzustellen (methodisch im Detail dazu: Kempf 1994; zur Anwendung in der Soziolinguistik: Schmidt-Regener 1998b; Regener 2000).[Zurück]
3 Die '94er Variante des Fragebogens unterscheidet sich in den vorgegebenen Antwortkategorien von der endgültigen Version, die '96 und '98 verwendet wurde. Um dennoch die Vergleichbarkeit aller drei Staffeln zu gewährleisten, habe ich für die Analyse und Auswertung der Selbsteinschätzung des Sprachverhaltens in allen LCA Hochdeutsch-, Beides- und Weiß-nicht-Sprecher in eine Kategorie der Nichtberlinisch-Sprecher zusammengefaßt und den bekennenden Berlinisch-Sprechern gegenübergestellt.[Zurück]
4 Statistische Begründung dafür cf. Regener 2000.[Zurück]
5 Statistische Begründung dafür cf. Regener 2000.[Zurück]
6 Die Antworten auf diese Fragen sind in der statistischen Darstellung durch Kursivdruck abgesetzt.[Zurück]
7 Außerdem liegen bereits vor: LCA (1) zur wechselseitigen Beurteilung des Sprachverhaltens in Ost- und Westberlin, (2) zu Ost-West-Sozialkontakten (cf. Regener 2000).[Zurück]
Bauer, Petra (1991): "Politische Orientierungen im Übergang: eine Analyse politischer Einstellungen der Bürger in West- und Ostdeutschland. 1990/91". KZfSS 43: .
Braun, Michael (1993): "Ideologie oder objektive Lage? Anmerkungen zur Interpretation von Unterschieden und Ähnlichkeiten in den Einstellungen von Ost- und Westdeutschen". ZUMA-Nachrichten 32: 7-21.
Brunner, Wolfram/Walz, Dieter: "Selbstidentifikation der Ostdeutschen . Warum sich die Ostdeutschen zwar als Bürger zweiter Klasse fühlen, wir aber nicht auf die 'innere Mauer' treffen". In: Meulemann, Heiner (ed.) (1998): Werte und nationale Identität im vereinten Deutschland. Opladen: .
Dittmar, Norbert/Schlobinski, Peter (eds.) (1988): Wandlungen einer Stadtsprache. Berlinisch in Vergangenheit und Gegenwart. Berlin.
Dittmar, Norbert/Schlobinski, Peter/Wachs, Inge (eds.) (1986): Berlinisch. Studien zum Lexikon, zur Spracheinstellung und zum Stilrepertoire. Berlin.
Goodman, Luis (1974): "Exploratory Latent Structure Analysis using both Identifiable and Unidentifiable Models". Biometrika 61: .
Kaase, Max/Bauer-Kaase, Petra (1998): "Deutsche Vereinigung und innere Einheit ". In: Meulemann, Heiner (ed.) (1998): Werte und nationale Identität im vereinten Deutschland. Opladen: .
Kempf, Wilhelm (1994): Towards an Integration of Quantitative and Qualitative Content Analysis in Propaganda Research. Konstanz. (= Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz 27).
Lazarsfeld, Paul: "Logical and mathematical foundations of Latent Structure Analysis". In: Stouffer, Steven et al. (eds.) (1950): Studies in Social Psychology in World War II, Vol. IV. Princeton/N.Y.
Meulemann, Heiner: "Wertunterschiede zwischen West- und Ostdeutschland - Fakten und Erklärungsmöglichkeiten". In: Meulemann, Heiner (ed.) (1998): Werte und nationale Identität im vereinten Deutschland. Opladen: 7-21.
Peine, Margit/Schönfeld, Helmut: "Sprachliche Differenzierung und ihre Bewertung". In: Hartung, Wolfdietrich/Schönfeld, Helmut (eds.) (1981): Kommunikation und Sprachvariation. Berlin: .
Piontkowski, Ursula/Öhlschlegel-Haubrock, Sonja/Hölker, Paul (1997): "Annäherung oder Abgrenzung? Ergebnisse einer Längsschnittstudie zur Wirksamkeit der Ost-West-Kategorie". Zs. für Soziologie 26/2: .
Pollack, Detlef: "Ostdeutsche Identität - ein multidimensionales Phänomen". In: Meulemann, Heiner (ed.) (1998): Werte und nationale Identität im vereinten Deutschland. Opladen: .
Regener, Irena (2000): Kontinuität, Anpassung, Selbstbehauptung. Zum Verhältnis zwischen tradierten Unterschieden und neuen Abgrenzungsidentitäten in der berliner Sprachgemeinschaft der 90er Jahre. Konstanz. (= Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz 48. Online: http://www.ub.uni-konstanz.de/serials/kempf.htm).
Ros, Maria (1984): "Speech Attitudes to Speakers of Language Varieties in a Bilingual Situation". International Journal of the Sociology of Language 47: 73-90.
Schlobinski, Peter (1987): Stadtsprache Berlin. Eine soziolinguistische Untersuchung. Berlin; New York.
Schmidt-Regener, Irena (1998a): Language Attitudes in the Berlin Speech Community after the Fall of the Wall in 1989. Konstanz. (= Diskussionsbeiträge der Projektgruppe Friedensforschung Konstanz 40. Online: http://www.uni-konstanz.de/ZE/Bib/vv/wra/kempf/psyclist.htm).
Schmidt-Regener, Irena (1998b): "Von der Akzeptanz des Berlinischen, von Liberalisierungstendenzen und Berührungsängsten. Spracheinstellungen in der berliner Sprachgemeinschaft nach 1989". In: Reiher, Ruth/Kramer, Undine (eds.) (1998): Sprache als Mittel von Identifikation und Distanzierung. Ffm etc.: .
Schmidt-Regener, Irena (1998c): "Distanz und Nähe. Soziolinguistische Aspekte deutscher Identität(en) nach 1989". In: Kempf, Wilhelm/Schmidt-Regener, Irena (eds.) (1998): Krieg, Nationalismus, Rassismus und die Medien. Münster: .
Fragebogen: Sprachverhalten in der Berliner Sprachgemeinschaft (Auszüge)
Die Zahlen hinter den Klammern der Antwortkategorien sind der Kodierschlüssel für die Identifizierung der Ergebnisse der LCA, die in den Tabellen im Text (s. Tab. 4-8) dokumentiert sind. Für die unabhängige Variable 'Wohnsitz in Ost- oder Westberlin' gilt die Festlegung:
Prenzlauer Berg/Pankow |
0 |
Wedding/Zehlendorf |
1 |
Eröffnungsfrage:
F01. Sprechen Sie normalerweise Berliner Dialekt oder Hochdeutsch?
Berliner Dialekt |
( ) |
0 |
Hochdeutsch |
( ) |
1 |
weiß nicht |
( ) |
1 |
('Berliner Dialekt' & 'Hochdeutsch' markiert) |
1 |
zu 4.2: Kenntnisse und Gebrauch berlinischer Lexik
F21: Füllen Sie bitte die rechte Spalte aus. Fallen Ihnen mehrere Berliner Worte ein, geben Sie bitte alle an.
Beispiel: "10-Pfennig-Stück": Groschen
Wie sagt der Berliner für:
"5-Pfennig-Stück" |
_______________ |
"Brötchen" |
_______________ |
"Trinklokal" |
_______________ |
"Kinder" |
_______________ |
"chic" |
_______________ |
"Frikadelle" |
_______________ |
"Scheibe Brot" |
_______________ |
"mittendrin" |
_______________ |
"Flasche" |
_______________ |
"dumm" |
_______________ |
"feiner Herr" |
_______________ |
"kleiner Junge" |
_______________ |
"ein Bier" |
_______________ |
Bitte kreuzen Sie nun noch diejenigen Wörter an, die Sie selbst verwenden!
LCA zum Gebrauch berlinischer Lexik:
Alter |
35-45 Jahre |
0 |
25-35 Jahre |
1 |
|
Geschlecht |
weiblich |
0 |
männlich |
1 |
|
Schulabschluss |
Abitur |
0 |
Hauptschule |
1 |
|
Realschule |
2 |
|
Fachoberschule |
3 |
|
Gebrauch |
Berlinisch-User |
0 |
gelegentlicher Gebrauch |
1 |
|
nichtberlinspezifische Umgangssprache |
2 |
|
Standardvarietätsprecher |
3 |
zu 4.3: Einstellungen der Stadtvarietät gegenüber
F03. Hören Sie den Berliner Dialekt gern?
ja, immer |
( ) |
1 |
das kommt auf die Situation an |
( ) |
0 |
nein |
( ) |
2 |
weiß nicht |
( ) |
3 |
F06. Falls Sie (und sei es auch nur gelegentlich) Berliner Dialekt sprechen: Bemühen Sie sich, nicht (so stark) zu berlinern?
k. A. |
0 |
|
ja, immer |
( ) |
1 |
das kommt auf die Situation an |
( ) |
3 |
nein |
( ) |
2 |
F09. In den Programmen der Berliner Radiosender sprechen die Moderatorinnen und Moderatoren so gut wie kein Berlinisch. Das ist
in Ordnung so |
( ) |
0 |
manchmal irgendwie schade |
( ) |
1 |
sehr schade |
( ) |
2 |
mir egal |
( ) |
3 |
F10. Würden Sie Ihren Kindern den Berliner Dialekt beibringen?
k. A. |
0 |
|
ja |
( ) |
1 |
nein |
( ) |
2 |
weiß nicht |
( ) |
3 |
F11. Finden Sie es wichtig, Hochdeutsch sprechen zu können?
ja |
( ) |
0 |
nein |
( ) |
1 |
in bestimmten Situationen |
( ) |
3 |
weiß nicht |
( ) |
2 |