CALL FOR PAPERS:
 
 

Der sprachliche Zweifelsfall. Theorie und Empirie

Sprachliche Zweifelsfälle lassen sich auf allen Systemebenen der Sprache identifizieren. Ihre Existenz resultiert aus der Tatsache, dass auch kompetente Sprecher immer wieder in Kommunikationssituationen geraten, in denen sie nach eigener Einschätzung nicht genau wissen, wie eine sprachliche Formulierung lauten muss, um als korrekt zu gelten. Traditionell gesprochen stehen die sprachlichen Zweifelsfälle also zwischen den grammatischen und den ungrammatischen Fällen.

Für das öffentliche Sprachbewusstsein und das Sprachbewusstsein der Sprecher sind Zweifelsfälle von erheblicher Bedeutung; dem korrespondiert auf der Seite der Linguistik bisher kaum eine entsprechende Aufmerksamkeit: Während die Zweifelsfälle in der natürlichen Kommunikation häufig und in der populärwissenschaftlichen Ratgeberliteratur ausführlich thematisiert werden, wurden sie in der bisherigen sprachwissenschaftlichen Forschung eher als Randphänomene behandelt. Insbesondere liegen noch keine Arbeiten vor, die die sprachlichen Zweifelsfälle als solche und insofern als einheitlichen Phänomenbereich erörtern.

Im Spannungsfeld zwischen der großen öffentlichen Aufmerksamkeit und der wenig ausgebauten linguistischen Forschung soll der sprachliche Zweifelsfall im geplanten Themenband von Linguistik online theoretisch eingehender reflektiert und empirisch genauer ausgelotet werden. Dies kann auch als Versuch verstanden werden, das heikle Verhältnis zwischen öffentlicher Sprachreflexion und Linguistik zu überdenken und möglicherweise Ansätze zu seiner Verbesserung zu entwickeln. Im einzelnen sind Beiträge zu folgenden Fragestellungen denkbar:

- Mit welchen Methoden können Zweifelsfälle empirisch zufriedenstellend identifiziert werden?

- Wie lässt sich die Existenz der Zweifelsfälle erklären?

- Was lässt sich über die Zweifelsfälle im Blick auf ihre Zuordnung zu den sprachlichen Systemebenen (Orthographie, Phonetik, Morphologie, Syntax, Semantik, Pragmatik) feststellen?

- Welche Zweifelsfälle gibt es in den gegenwärtigen Sprachen? Welche Zweifelsfälle gab es in vergangenen Sprachstufen? Welche Entwicklungsrichtungen von sprachlichen Zweifelsfällen lassen sich identifizieren?

- Wie wurden die Zweifelsfälle in der linguistischen Tradition und wie werden sie in den verschiedenen Sprachtheorien der Gegenwart behandelt?

- Auf welche Art und Weise sollten Institutionen und Publikationen mit sprachberatendem Charakter die Zweifelsfälle thematisieren?

Mittlerweile wurde zu diesem Thema eine Arbeitsgruppe im Rahmen der DGfS-Tagung in München 2003 eingerichtet; nähere Informationen dazu finden Sie hier.
 

Kontakt: Wolf Peter Klein (Berlin):